– Ursprung, Herstellung, Regionen & Trinkkultur
Wer Griechenland besucht, lernt früher oder später zwei Dinge kennen: den Ouzo – und den Raki.
Beide sind klare Schnäpse, beide stark, beide typisch griechisch – doch sie unterscheiden sich deutlich.
Raki ist auf Kreta und in weiten Teilen des Landes das Getränk der Einheimischen, das Symbol der Gastfreundschaft.
Ein Schluck Raki bedeutet: Willkommen, setz dich, bleib eine Weile.
Was ist Raki?
Raki (auf Kreta auch Tsikoudia genannt) ist ein klarer, hochprozentiger Tresterbrand, der durch die Destillation von Weinresten – also Schalen, Kernen und Fruchtfleisch – entsteht.
Er enthält keinen Anis, im Gegensatz zu Ouzo oder Tsipouro mit Anis, und schmeckt daher rein, mild und fruchtig, mit deutlichem Traubenaroma.
Der Alkoholgehalt liegt meist zwischen 35 und 45 % Vol., bei handgemachten Varianten kann er aber auch stärker sein.
Raki, Tsipouro, Tsikoudia – was ist der Unterschied?
Viele Namen, ein ähnliches Getränk:
Name | Region | Basis | Mit Anis? | Geschmack |
---|---|---|---|---|
Raki / Tsikoudia | Kreta | Weinreste | Nein | mild, klar, fruchtig |
Tsipouro | Nord- und Mittelgriechenland | Weinreste | teils ja | kräftig, würzig |
Ouzo | ganz Griechenland | Alkohol + Kräuter | Ja | süßlich, anisbetont |
Kurz gesagt:
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Raki (Tsikoudia) = ohne Anis, meist aus Kreta
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Tsipouro = ähnlich, teils mit Anis (z. B. in Thessalien)
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Ouzo = immer mit Anis und Gewürzen
Die Geschichte des Raki
Raki hat seine Wurzeln im 14. Jahrhundert.
Er stammt ursprünglich von Mönchen auf Kreta, die aus den Resten der Weinproduktion ein starkes, klares Destillat herstellten.
Der Name Tsikoudia leitet sich vom Wort tsikouda ab – das bedeutet „Traubentrester“.
Mit der Zeit wurde Raki fester Bestandteil der kretischen Kultur.
Bis heute wird er in fast jedem Dorf nach der Weinlese im Herbst gebrannt – meist in kleinen, traditionellen Brennöfen (Kazani).
Jede Familie hat ihr eigenes Rezept, und der erste Raki des Jahres wird gefeiert – mit Musik, Tanz und Essen.
Herstellung von Raki
Die Herstellung ist einfach, aber erfordert Erfahrung – besonders bei der Destillation.
1. Vorbereitung
Nach der Weinlese bleiben Schalen, Kerne und Fruchtfleisch (Trester) übrig. Diese Reste werden leicht vergoren – meist 4–6 Wochen.
2. Destillation
Der vergorene Trester wird in Kupferkesseln (Kazania) langsam erhitzt.
Der entstehende Dampf kondensiert, das Ergebnis ist der klare Raki.
Nur der mittlere Teil des Destillats („Herzstück“) wird verwendet – der Anfang („Kopf“) und das Ende („Schwanz“) werden aussortiert, da sie unerwünschte Stoffe enthalten.
3. Abfüllung
Nach einer Ruhezeit wird der Raki filtriert und abgefüllt – meist ohne Reifung.
Manche Brenner lagern ihn einige Wochen in Glasballons oder Fässern, wodurch er weicher wird.
Wann und wie trinkt man Raki?
Raki ist kein Getränk zum schnellen Trinken – er wird langsam genossen, meist nach dem Essen oder gemeinsam mit Meze (kleinen Häppchen).
Serviertemperatur
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Am besten leicht gekühlt (ca. 10–15 °C)
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Nie eiskalt aus dem Gefrierfach – das betäubt den Geschmack
Typisch griechisch:
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In kleinen Gläsern (ähnlich wie Schnapsgläser)
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Mit Wasser oder ohne – traditionell pur
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Immer mit Essen – z. B. Oliven, Käse, Brot, Tomaten, Dakos, gegrilltes Fleisch
Raki wird nicht mit Wasser milchig, weil er keinen Anis enthält.
Die Raki-Kultur auf Kreta
Auf Kreta ist Raki Teil des Alltags.
Er steht auf dem Tisch, wenn Gäste kommen, wird nach dem Essen serviert oder als Willkommensgruß angeboten.
Fast jede Familie besitzt eine Flasche selbstgebrannten Raki im Haus.
Im Herbst beginnt die Kazánia-Zeit – das traditionelle Brennfest.
Von Oktober bis Dezember öffnen viele Dorfbrennereien, und Nachbarn, Freunde und Verwandte treffen sich zum gemeinsamen Trinken, Essen und Feiern.
Diese Feste sind tief in der kretischen Kultur verwurzelt und Ausdruck echter Gastfreundschaft.
Woher kommt der beste Raki?
Der beste Raki kommt eindeutig von Kreta.
Dort ist die Kunst des Brennens über Generationen weitergegeben worden.
Bekannte Raki-Regionen sind:
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Chania: fruchtig und weich
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Rethymno: kräftiger, mit leichter Süße
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Heraklion: sehr aromatisch
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Sitia: traditionell, oft handgebrannt
Auch auf dem griechischen Festland (z. B. Epirus, Thessalien) wird Raki bzw. Tsipouro gebrannt – meist etwas stärker im Geschmack.
Bekannte Marken & Produzenten
Neben den vielen Hausbränden gibt es heute auch kommerzielle Hersteller, die Raki exportieren:
Marke | Region | Besonderheiten |
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Kreta Tsikoudia ZAROS | Kreta | klar, weich, mild |
Stremmenos Tsipouro | Thessalien | kräftig, ohne Anis |
Kostas Lazaridis Tsipouro | Drama | elegant, fein destilliert |
Katsaros Distillery | Tyrnavos | älteste Tsipouro-Brennerei (seit 1856) |
Rakomelo (Honig-Raki) | Kreta | mit Honig & Gewürzen – süß, wärmend |
Rakomelo – Raki mit Honig
Eine besonders beliebte Variante ist Rakomelo – eine Mischung aus Raki, Honig und Gewürzen (meist Zimt, Nelken).
Er wird leicht erwärmt getrunken, besonders im Winter.
Rakomelo gilt als Hausmittel gegen Erkältung und wird oft bei Familienfeiern angeboten.
Er schmeckt süß, aromatisch und hat etwa 25–30 % Alkohol.
Raki in der griechischen Gesellschaft
Raki ist mehr als ein Getränk – er ist ein Symbol.
Er steht für:
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Gastfreundschaft (Filoxenía)
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Gemeinschaft
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Tradition & Stolz
In kretischen Tavernen ist es üblich, dass der Wirt nach dem Essen automatisch ein kleines Glas Raki aufs Haus serviert – als Dank und Gruß.
Das Trinken ist ein soziales Ritual:
Man prostet sich zu, sagt „Yamas!“ („Auf uns!“) und genießt den Moment.
Raki bedeutet Entschleunigung, Freude, Geselligkeit – das Gegenteil von Hektik.
Raki & Tourismus
Viele Besucher lernen Raki direkt in Tavernen oder bei Dorffesten kennen.
Er wird fast immer gratis nach dem Essen angeboten – besonders auf Kreta.
Manche Touristen glauben, das sei Ouzo, weil beide klar sind – doch der Geschmack ist völlig anders.
Immer mehr Bauern und Winzer auf Kreta öffnen ihre Brennereien für Besucher.
Dort kannst du:
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zusehen, wie Raki gebrannt wird,
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probieren,
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hausgemachten Rakomelo kaufen.
Ein Besuch während der Brennsaison (Oktober–Dezember) ist ein besonderes Erlebnis.
Tipps für Reisende
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Raki immer langsam trinken, nie auf Ex.
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Zum Essen genießen – er entfaltet mit Oliven, Käse oder Fleisch sein volles Aroma.
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Souvenir: Kleine Flaschen gibt es in fast jedem Laden.
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Geschenk: Rakomelo (Raki mit Honig) ist beliebt und leicht mitzunehmen.
Preis:
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Hausgemachter Raki: ab 8 € pro Liter
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Markenprodukte: ca. 12–20 € pro Liter
Ouzo oder Raki – was ist typisch griechischer?
Beides!
Im Norden und auf den Inseln der Ägäis trinkt man Ouzo.
Im Süden und besonders auf Kreta heißt das Nationalgetränk Raki.
Zusammen zeigen sie die Vielfalt Griechenlands: zwei Traditionen, ein Lebensgefühl.
Fazit: Raki – die Seele Kretas
Raki ist kein Modegetränk, sondern Teil der griechischen Lebensweise.
Er erzählt Geschichten von Ernte, Gastfreundschaft und Zusammenhalt.
Wer Raki trinkt, spürt ein Stück des echten Griechenlands – ehrlich, stark und unverfälscht.
Ob pur oder als Rakomelo, am Meer oder im Bergdorf:
Ein Glas Raki ist immer eine Einladung, das Leben zu genießen – so, wie es die Griechen tun.