Kultur, Ernte, Geschmack & Regionen
Die Olive ist das Symbol des Mittelmeerraums – und in kaum einem Land spielt sie eine so große Rolle wie in Griechenland. Seit über 5000 Jahren prägt der Olivenbaum das Landschaftsbild, die Küche und das Leben der Menschen.
Er steht für Frieden, Wohlstand und Gesundheit – und gilt als eines der ältesten Kultursymbole Europas.
Wer durch Griechenland reist, sieht sie überall: endlose Olivenhaine auf Kreta, uralte Bäume auf Korfu, kleine Familienplantagen auf dem Peloponnes. Und fast jeder Grieche kennt jemanden, der sein eigenes Öl presst.
Die Bedeutung der Olive in Griechenland
Die Olive ist mehr als nur ein Nahrungsmittel – sie ist ein fester Bestandteil der griechischen Identität.
In der Antike war sie heilig: Der Legende nach schenkte die Göttin Athene den Athenern den Olivenbaum – und gewann damit den Wettstreit um die Stadt, die fortan ihren Namen trug.
Olivenöl galt damals als Geschenk der Götter. Es wurde für Speisen, Lampen, Salbungen und im Sport verwendet. Sieger bei den Olympischen Spielen erhielten Olivenkränze – ein Zeichen göttlicher Gunst.
Auch heute noch ist Olivenöl in Griechenland das wichtigste landwirtschaftliche Produkt und ein zentraler Bestandteil der Ernährung.
Anbaugebiete: Wo Oliven in Griechenland wachsen
Griechenland ist nach Spanien und Italien der drittgrößte Olivenölproduzent der Welt – aber im Verhältnis zur Bevölkerung der größte Olivenölkonsument: jeder Grieche verbraucht durchschnittlich über 15 Liter pro Jahr.
Die wichtigsten Anbaugebiete liegen in Süd- und Westgriechenland sowie auf den Inseln:
1. Kreta
Kreta ist das Herz der griechischen Olivenproduktion.
Etwa ein Drittel aller griechischen Oliven stammen von hier.
Die bekannteste Sorte ist die Koroneiki-Olive, aus der besonders feines, fruchtiges Öl gewonnen wird.
Zwischen Chania, Rethymno und Heraklion stehen Millionen von Olivenbäumen – oft terrassenförmig bis in die Berge gepflanzt.
2. Peloponnes
Vor allem in Messinien (rund um Kalamata) und Lakonien wächst die berühmte Kalamon-Olive, die meist als Tafelolive verwendet wird.
Die Region produziert zudem einige der besten kaltgepressten Olivenöle Griechenlands mit geschützter Herkunftsbezeichnung (PDO).
3. Mittel- und Nordgriechenland
In Regionen wie Attika, Chalkidiki, Thessalien und Epirus wachsen viele lokale Sorten – häufig kleinere Oliven mit mildem Geschmack.
Die Chalkidiki-Olive ist groß, grün und beliebt als Snack oder Vorspeise.
4. Ionische Inseln
Korfu, Kefalonia und Zakynthos sind grün und fruchtbar – ideale Bedingungen für Olivenbäume.
Korfu ist berühmt für seine alten Olivenhaine, teils über 500 Jahre alt, die im 17. Jahrhundert von den Venezianern angelegt wurden.
5. Ägäis-Inseln
Auch auf Lesbos, Samos, Chios und Rhodos wird Olivenöl hergestellt.
Lesbos hat sogar mehrere prämierte Ölsorten mit geschützter Herkunft (z. B. Kolovi).
Sortenvielfalt griechischer Oliven
In Griechenland gibt es über 120 verschiedene Olivensorten, viele davon nur regional bekannt.
Hier die bekanntesten:
Sorte | Region | Verwendung | Geschmack |
---|---|---|---|
Koroneiki | Kreta, Peloponnes | Öl | fruchtig, leicht pfeffrig |
Kalamon (Kalamata) | Messinien | Tafelolive | dunkel, fleischig, aromatisch |
Chalkidiki | Nordgriechenland | Tafelolive | groß, fest, mild |
Throumba | Thassos | Tafelolive | natürlich gereift, leicht süßlich |
Kolovi | Lesbos | Öl | sanft, goldgelb, mild |
Megaritiki | Attika | Öl | ausgewogen, weich im Geschmack |
Von der Blüte bis zur Ernte
Der Olivenbaum ist genügsam und kann hunderte Jahre alt werden.
Er wächst auf kargen Böden, braucht wenig Wasser und viel Sonne – perfekte Bedingungen für Griechenland.
-
Blüte: Mai bis Juni
-
Reifezeit: Oktober bis Januar
-
Ernte: meist per Hand oder mit Rüttelstäben und Netzen
-
Verarbeitung: innerhalb weniger Stunden in die Mühle, um Oxidation zu vermeiden
Die besten Öle entstehen aus kalter Pressung bei maximal 27 °C.
Dabei bleiben Geschmack und Vitamine erhalten – das Ergebnis ist „extra natives Olivenöl“ (extra virgin olive oil).
Herstellung von Olivenöl – Schritt für Schritt
-
Ernte: Von Hand oder maschinell, meist im Spätherbst.
-
Waschen & Zerkleinern: Die Oliven werden gewaschen und mit Kernen zerkleinert.
-
Kneten: Der Olivenbrei wird vorsichtig bewegt, damit sich das Öl trennt.
-
Pressung oder Zentrifugation: Das Öl wird vom Fruchtwasser getrennt.
-
Filtern & Abfüllen: Je nach Geschmack bleibt es naturtrüb oder wird gefiltert.
Traditionell erfolgte die Pressung mit Steinmühlen, heute meist mit modernen Zentrifugen. Viele kleine Betriebe kombinieren alte Methoden mit neuer Technik.
Qualitätsstufen von Olivenöl
Bezeichnung | Säuregehalt | Qualität |
---|---|---|
Extra Nativ (Extra Virgin) | max. 0,8 % | höchste Qualität, kaltgepresst |
Nativ (Virgin) | bis 2 % | gut, aber weniger aromatisch |
Raffiniert | > 2 % | industriell gereinigt, kaum Geschmack |
Lampantöl | > 3,3 % | ungenießbar, nur technisch verwendbar |
Griechenland produziert fast ausschließlich extra natives Olivenöl, oft in kleinen Familienbetrieben.
Olivenöl in der griechischen Küche
Olivenöl ist das Herzstück der griechischen Küche.
Es wird für fast jedes Gericht verwendet – kalt, warm, gebraten oder gebacken.
Typische Anwendungen:
-
Griechischer Salat (Choriatiki): frisches Öl über Tomaten, Gurken und Feta
-
Gemista: gefüllte Paprika oder Tomaten mit Olivenöl im Ofen
-
Fava & Linsen: Hülsenfrüchte mit einem kräftigen Schuss Öl
-
Paximadia: kretische Gerstenzwiebacke, mit Tomaten & Olivenöl serviert
-
Frittieren: Viele Griechen verwenden sogar Olivenöl zum Braten – es ist hitzestabil bis 180 °C
Ein gutes Öl erkennst du an goldgrüner Farbe, fruchtigem Duft und leicht scharfem Nachgeschmack – das Zeichen für viele Antioxidantien.
Gesundheitliche Wirkung
Griechisches Olivenöl gilt als eines der gesündesten Lebensmittel der Welt.
Es enthält:
-
viele einfach ungesättigte Fettsäuren,
-
Vitamin E und Polyphenole (natürliche Antioxidantien),
-
entzündungshemmende Stoffe,
-
fördert Herz-Kreislauf-Gesundheit.
Studien zeigen, dass Menschen in Mittelmeerländern, die viel Olivenöl konsumieren, seltener an Herzkrankheiten und Diabetes leiden.
Olivenbäume als Teil der Landschaft
In vielen Regionen prägen Olivenbäume das Landschaftsbild.
Ihre silbrig-grünen Blätter schimmern im Sonnenlicht, und die knorrigen Stämme wirken wie Skulpturen.
Einige Bäume auf Kreta oder in Attika sind über 1.000 Jahre alt.
Auf Kreta steht sogar der sogenannte „Baum von Vouves“ – er gilt als einer der ältesten Olivenbäume der Welt, geschätzt über 2.500 Jahre alt, und trägt bis heute Früchte.
Nachhaltigkeit & moderne Herausforderungen
Trotz ihrer Robustheit stehen Olivenbauern in Griechenland vor neuen Herausforderungen:
-
Klimawandel: längere Dürreperioden, unregelmäßige Ernten
-
Konkurrenz: Billigimporte aus Spanien und Italien
-
Arbeitskräftemangel: junge Menschen wandern ab, Erntehelfer fehlen
-
Schädlinge: z. B. Olivenfliege
Viele kleine Produzenten setzen deshalb auf Bio-Anbau, nachhaltige Bewässerung und regionale Vermarktung.
Immer mehr Öl wird direkt exportiert – unter eigenem griechischen Label, nicht mehr anonym nach Italien verkauft.
Olivenölverkostung & Einkaufstipps für Reisende
Wer in Griechenland Urlaub macht, kann vielerorts Olivenölverkostungen besuchen – z. B. auf Kreta, Peloponnes oder Lesbos.
Dabei lernst du den Unterschied zwischen verschiedenen Ölen kennen und erfährst, worauf du beim Kauf achten solltest:
-
Achte auf die Bezeichnung „Extra Nativ / Extra Virgin“
-
Herkunft: „Product of Greece“
-
Kleine Produzenten bevorzugen – oft aromatischer
-
Dunkle Glasflasche statt Plastik (bessere Haltbarkeit)
-
Ideal: Erntedatum auf dem Etikett
Ein Liter gutes griechisches Öl kostet in Griechenland meist zwischen 8 und 12 Euro – direkt vom Produzenten oft günstiger.
Kombination mit Tourismus
Viele Reisende verbinden heute ihren Urlaub mit kulinarischen Erlebnissen.
Olivenöl spielt dabei eine zentrale Rolle – ähnlich wie Wein in Italien.
Auf Kreta, Korfu und Peloponnes gibt es Olivenrouten, Museen und Ölmühlenführungen.
Empfehlenswerte Orte:
-
Olivenbaum von Vouves (Kreta)
-
Olivenölmuseum Sparta (Peloponnes)
-
Olivenölmuseum Lesbos (Agia Paraskevi)
-
Lyrarakis & Biolea Ölmühle bei Chania
-
Korfu Olive Museum bei Kinopiastes
Fazit: Die Olive – Seele Griechenlands
Die Olive ist in Griechenland allgegenwärtig – in der Landschaft, in der Kultur und auf dem Teller.
Sie symbolisiert Beständigkeit, Gesundheit und Einfachheit – Werte, die das griechische Leben seit Jahrtausenden prägen.
Wer Griechenland besucht, sollte mindestens einmal in einem Olivenhain spazieren gehen, frisches Öl probieren und verstehen, warum dieser Baum für viele Griechen mehr ist als eine Pflanze – er ist Teil ihrer Geschichte.